Es sind dramatische Bilder, die Achim Libischer, Rektor der Udo-Lindenberg-Mittelschule MELLRICHSTADT, per Handy-Video erreicht haben. Sie kommen von der Partnerschule St. Josephs House of Hope in Kenia und zeigen Menschen, die völlig verzweifelt das Eingangstor der Schule stürmen, in der Hoffnung, noch etwas abzukriegen. Etwas von den Nahrungsmitteln, die von den 3.000 Euro gekauft werden konnten, die die Mittelschule nach Kenia überwiesen hat. Dabei handelte es sich um den Erlös der Spendenaktion „Masken für Kenia“ (wir berichteten). Das Geld hat gerade einmal für drei Tage gereicht. Für drei Tage ohne Hunger.

Bereits seit 2019 besteht eine Schulpartnerschaft zwischen der Udo-Lindenberg-Mittelschule und dem St. Josephs House of Hope in der Nähe von Mombasa. Diese wurde auf eine private Initiative hin in einem Armenviertel gegründet, um Kindern und Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Der Schulbesuch bedeutet für die Kinder gleichzeitig, ein Mittagessen zu bekommen.

Aufgrund des Corona-Virus sind in Kenia momentan alle Schulen geschlossen, staatliche Unterstützung gibt es ebenso wenig wie eine medizinische Versorgung. Nach der Schließung des St. Joseph House of Hope konnten die Familien zwar noch kurze Zeit mit Lebensmitteln versorgt werden, jedoch waren in dieser komplett von externen Unterstützern abhängigen Einrichtung die Vorräte schnell aufgebraucht. Wie dramatisch die Lage ist, schilderte Schulleiter Charles Kyolo seinem Kollegen Achim Libischer per WhatsApp. Nachfolgend einige Auszüge aus den Nachrichten, die er in den letzten Wochen nach Mellrichstadt schickte:

„… wir mussten sie wegschicken, es wurden einfach zu viele… sie campten vor der Schule… hunderte… überall Kinder, Mütter… was heißt campten, sie lagen am Boden…. Geschrei, Gestank… hoffen auf morgen… endlich etwas zu essen, endlich… doch die Vorräte waren aufgebraucht… wir  hatten alles verteilt, was wir besaßen… ich kann nicht geben, was ich nicht habe… enttäuschte Blicke, Protest, Wut… warum schickst du mich weg?… da gehen sie… die Familien, die Alten, die Hungrigen, die Verzweifelten… zurück auf die Straße… zurück in die Hütten… mein Herz bricht… shutdown, geschlossene Türen.“

Bei Rektor Achim Libischer und der gesamten Schulfamilie schrillten die Alarmglocken. Was können wir tun, um den Freunden in Kenia zu helfen? Um auf die Schnelle Spenden zu generieren, wurde das Projekt „Masken für Kenia“ gestartet. In Teamwork fertigten Schüler und Lehrer waschbare Corona-Behelfsmasken aus Baumwolle an, die gegen eine Spende gekauft werden konnten. 3.000 Euro für die Kinder der Partnerschule St. Josephs House of Hope – so lautete am Ende die stolze Bilanz des Projektes, das nach Meinung von Libischer allerdings „jetzt doch nicht einfach vorbei sein kann.“

Schließlich reichte das Geld gerade einmal für drei Tage, um rund 700 notleidende Familien mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Das eingangs beschriebene Video wurde an dem Tag aufgenommen, als Rektor Charles Kyolo das Schultor öffnete, um die hungrigen Menschen einzulassen. Dazu schreibt er. „… neues Licht… schnell, schnell, wir müssen nachkaufen… Freunde aus Deutschland… Ahsante Sana… oh mein Gott, sie überrennen uns… zwei Frauen am Boden… jetzt helft ihnen doch!… ich würde mitrennen… für meine Familie… jeder würde mitrennen!…die Frauen stehen wieder… die Polizei schafft Ordnung… für einen Moment… noch drei Tage, dann ist alles weg… nicht alles, die Hoffnung bleibt… immer… bis zum Ende.“

Ausdrücklich bittet Charles Kyolo seinen deutschen Kollegen Achim Libischer, seinen Dank an alle Menschen weiterzugeben, die mitgeholfen haben, die Familien zu ernähren: „God bless, pass our gratitude to everyone who has contributed to help feed family.“ In Kenia heißt Danke „Ahsante Sana“.

War’s das jetzt? In der Hoffnung, „dass das Thema nicht abgenutzt“ ist, unterstreicht Libischer, dass die Corona-Epidemie in Armutsländern eine ganz andere, weitaus schlimmere Dimension hat als hierzulande, wo eigene Härten beklagt werden (wie z. B. die Maskenpflicht), die kein existentielles Problem darstellen. „Für die Kinder in Afrika bedeutet Corona hingegen einen puren Überlebenskampf.“ 

Deshalb will Libischer auch keinen Haken hinter die Sache machen: „Wir können die Welt nicht alleine retten, es im Rahmen unserer Möglichkeiten aber versuchen. Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die uns dabei unterstützen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Türen im St. Joseph House of Hope geöffnet bleiben!“.

Wer sich noch einbringen möchte, findet weitere Informationen unter www.mittelschule-mellrichstadt.de. Das Projekt kann mit einer Spende an folgendes Konto unterstützt werden: Udo-Lindenberg-Mittelschule, Kto. Nr. DE58 7906 9165 0000 005762 (VR-Bank Rhön-Grabfeld), Verwendungszweck: Masken für Kenia.

Text: Streutal-Journal / Carmen Hahner

 

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