Alte pädagogische Weisheit: Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben. Wo könnten Schüler das mit mehr Berechtigung sagen als an der ULMS, der Udo-Lindenberg-Mittelschule in Mellrichstadt. Neben dem Schülerunternehmen des Schülercafés gibt es dort nämlich seit geraumer Zeit eine zweite Schülerfirma, die Arbeitsgemeinschaft Holzprodukte. Zu dieser haben sich insgesamt 15 Schüler freiwillig zusammengeschlossen: neun Schüler und sechs Schülerinnen der 8. bis 10. Jahrgangsstufe, um außerhalb des Unterrichts und in ihrer Freizeit sehr realitätsnahe Management-Erfahrungen mit der Führung einer echten Firma zu gewinnen.

Das setzt voraus, dass sie als Firma auch etwas anzubieten haben, und das ist tatsächlich der Fall. Vor kurzem waren es die hölzernen „Rennpferde“ auf Ballonreifen, die originellen Seifenkisten (wir berichteten). Jetzt wurden zwei neue Projekte in Angriff genommen: die Planung, der Bau und die Vermarktung einer großen Weihnachtskrippe sowie die Herstellung und der Verkauf von traditionellen hölzernen Gegenständen, wie sie in der Küche Verwendung finden. Die Betreuer von der Schule sind der Techniklehrer Manuel Wengel und der Sozialpädagoge Martin Beck. Der Drechslermeister Andreas Scholl, der auch vhs-Kurse gibt, leitet die Schüler der ULMS beim Arbeiten an der Drehbank an. Von diesen Herren war zu erfahren, dass solche Projekte vom Bayerischen Ministerium für Unterricht und Kultus gefördert werden.

Die Schülerfirma hat auch schon Partner gefunden, die die neuen Holzprodukte abnehmen. Der Verein „Aktives Mellrichstadt“ hat die große Krippe bestellt, und das Fränkische Freilandmuseum in Fladungen nimmt die Küchengeräte ab und bietet sie den Museumsbesuchern kommissarisch zum Kauf an. Am vergangenen Dienstag waren Brigitte Proß vom „am“ und die Museumspädagogin Linda Wolters vom Freilandmuseum an die ULMS gekommen, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Und sie bekamen was zu sehen: wie die Schülerinnen und Schüler naturnahe Rundhölzer mit dem Zugmesser glätteten und für den Krippenstall zusammenbauten und wie sie aus Vierkant-Holzklötzen elegante Rundformen anfertigten. Von den Küchengeräten waren schon sehr viele fertig, z. B. Schneidbretter mit Handgriff, Grillzangen von einer Länge, bei deren Einsatz man mit der Hand der Glut nicht zu nahe kommt; oder originelle Holz-Filz-Eulen als Wandschmuck, Flaschenkorkenverschlüsse mit sehr individuellen Kappen und hölzerne Abdeckungen für Gläser aller Art. Vom Freilandmuseum hatten sie als Muster ein altes Rhöner Nudelholz bekommen, das die Schüler nun nachbauen und wofür besonders viel Geschick beim Drechseln erforderlich ist. Brigitte Proß‘ Vorstellungen von der bestellten Weihnachtskrippe sind anspruchsvoll und damit eine Herausforderung für die jungen Bildhauer-Schreiner: Die Krippe soll enthalten: natürlich das Jesuskind, Maria und Josef, letztere von 135 cm Größe; ebenso groß: die drei Könige und die drei Hirten; außerdem proportional vergleichbar groß: Ochs und Esel, Schafe und Lämmer; und zudem zwei Feuerstellen, einen Brunnen und natürlich den Stall. Das bedeutet Arbeit für die ArGe auf zwei Jahre. Das weiß auch Frau Proß, dass die Schüler sich nur einmal im Monat von 13.15 bis 17.00 Uhr in den Werkräumen der ULMS treffen und darum keine Fließbandarbeit leisten können. Sie ist erst einmal mit den zentralen Figuren zufrieden. Diese sollen in der (Vor-)Weihnachtszeit an geeigneter Stelle in der Stadt gezeigt werden. Mit diesem Auftrag setzt das „am“ eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der ULMS fort. Denn deren handwerklich begabte Schüler hatten schon vor zwei Jahren hölzerne Schäfchen für das Schaufenster-Suchspiel geliefert. Das „am“ hatte das Unternehmen damals mit einem Geldbetrag anschubfinanziert. Frau Proß wie auch Frau Wolters sind sich darin einig, dass Initiativen wie die von der ULMS unterstützt werden sollten. Darum wird das „am“ auch die Krippe gegen einen angemessenen Kaufpreis erwerben und nicht nur ausleihen; das Freilandmuseum selbst will mit dem Verkauf der Küchengegenstände keinen Gewinn machen, aber den Verkaufserlös an die Schüler weiterleiten. Denn auch das gehört dazu: Jeder Mitarbeiter der ArGe Holzprodukte erhält auch einen Lohn, egal, welchen Beitrag er bei der Produktion geleistet hat.

Ab Januar 2019 beginnt zusätzlich die Produktion von Sportbögen, in Zusammenarbeit mit dem Unternehmer Carl-Christian Bittorf aus Mellrichstadt, verriet Manuel Wengel. Diese werden dann auch auf ihre Funktionsfähigkeit von Bittorf im sportlichen Einsatz geprüft.

 

 

TEXT UND BILDER: HERR RAUTENBERG