Mit Wolfgang Orf wurde an der Udo-Lindenberg-Mittelschule zum Ende des Schuljahres ein Pädagoge verabschiedet, wie ihn sich jeder Schulleiter nur wünschen kann. „Durch dein Ausscheiden entsteht eine große Lücke, weil du viel Herz mitnimmst“, bescheinigte Achim Libischer dem beliebten Lehrer vorbildliche Pflichterfüllung, grenzenlose Hilfsbereitschaft und kollegiales Wirken. Alle Anwesenden waren in lockerer Atmosphäre trotz schweißtreibender Temperaturen so recht in Feierlaune – und die Musik spielte dazu. Wie hätte es auch anders sein können. Schließlich ist der Name Wolfgang Orf untrennbar mit Musik, Gesang und seiner Tuba verbunden.
Zum Auftakt sangen Schüler und Lehrer gemeinsam ein Lied davon, was Leben ist. Bier trinken, Musik spielen, unterrichten und die Familie – die wichtigsten Eckpfeiler im Leben von Wolfgang Orf. In seiner Ansprache charakterisierte der Schulleiter den „Typen“ Wolfgang Orf so treffend, wie es nur ein Achim Libischer kann. Durch seinen Wechsel von der Volksschule Fladungen nach Mellrichstadt vor zehn Jahren sei für Wolfgang Orf zunächst die kleine, heile Welt zusammengebrochen, in der er jeden kannte. Nach nur zehn Tagen an der Mittelschule erlitt er einen Hörsturz, war dienstunfähig. „Eine menschliche Maschine, die eine neun Kilo schwere Tuba 40 Kilometer weit schleppen kann, ging zu Boden“, so Libischer. Die Gründe für den „Knockout“ liegen für Libischer auf der Hand: Ein „Traditionalist“ wie Wolfgang Orf, der sich in seinem Dorf in Kirche und Vereinen beispiellos engagiert, braucht vertraute Gesichter, eine funktionierende Gemeinschaft um sich: „Denn Wölfe sind Rudeltiere!“
Dass er diese Gemeinschaft schließlich auch an seiner neuen Wirkungsstätte in Mellrichstadt gefunden hat, sei zu einem Großteil sein eigener Verdienst. Der „wiedererstarkte Wolf“ rief nicht nur das Schul-Blechbläser-Ensemble, sondern auch Lehrerstammtische „Beim Prechtl“ in Hausen ins Leben. Hier wurde bei mächtigen Currywürsten ein mächtiges Wir-Gefühl geschaffen. Sein Hang zur Geselligkeit zeigte sich auch bei den Lehrerausflügen, als sich der sonst so zurückhaltende Wolfgang Orf einem Werwolf gleich in einen Alleinunterhalter verwandelte, sobald er den Bus betrat. „Ist das der Wolfgang? Was hat der denn genommen?“, habe man sich bei solchen Gelegenheiten immer wieder gefragt.
Blaskapelle, Kirchgang, Mittagessen, Sportplatz, Lkw-Fahren, Baggern und eine Woche Urlaub im Jahr – ein Wolfgang Orf braucht nicht viel zum Glück. „Gerade deshalb ist er so ein spannender Typ, weil er diese alten Werte lebt und hochhält, aber dennoch offen bleibt für Neues“, meinte Libischer anerkennend im Hinblick auf seinen beispiellosen Einsatz bei schulischen Großprojekten wie zuletzt dem Theaterstück „Unterm selben Stern“. Da habe er nicht nur die Tuba gespielt, sondern sei zum Antreiber geworden: „Vieles hätten wir ohne dich nicht erreicht!“
Dass Wolfgang Orf acht belegte Brötchen oder drei Stück Schwarzwälder Kirschtorte problemlos verdrücken kann, wundert Libischer nicht: „Das ist das Volumen, das ein Körper braucht, um solch ein großes Herz zu beherbergen!“ Nachdem sein schulisches Weltbild wieder ins Gleichgewicht geraten war, habe Wolfgang Orf keinen einzigen Tag mehr gefehlt, meinte der Schulleiter abschließend: „Für dich war es eine Selbstverständlichkeit, immer da zu sein. Was du für die Gemeinschaft geleistet hat, ist absolut außergewöhnlich“. Mit diesen „Bestnoten“ wurde der Pädagoge vom Schulleiter in die ganz großen Ferien entlassen.
Mit ihrem Abschiedsgeschenk stellten die Kollegen sicher, dass der Bierliebhaber Wolfgang Orf seinen Ruhestand gebührend begießen kann. Nachschub gab es nicht nur literweise, sondern gleich „meterweise“, dazu hatten alle eine Flasche ihres Lieblingsbieres beigesteuert, einen Gutschein gab es obendrauf. Nachdem der Schulchor unter der Leitung von Kerstin Sauer „Wünsch dir was“ angestimmt hatte, überraschten die Schüler ihren scheidenden Klassenlehrer mit einer tollen Darbietung, einstudiert von Sandra Sebold. Unter dem Dirigat von Ben Schmitt wurden sie zu lebenden Instrumenten wie Akkordeon, Klavier, Gitarre, Posaune und Tuba. Zuletzt stimmte die große Kapelle „Bis bald auf Wiederseh’n“ an – das war ganz großes Kino.
Der Lehrerchor unter der Leitung von Bastian Reukauf sang frei nach Henry Valentino & Uschi: „Im Wagen vor mir fährt kein junges Mädchen, es ist ein Mann von kräftiger Statur“. Jeder kennt die Melodie, doch nicht jeder das Geheimnis von Wolfgang Orf, das in der letzten Strophe gelüftet wurde: „Dein Treibstoff ist und bleibt der Leberkäs!“ In ihrem Abschiedsgedicht versicherte Schülerin Vanessa Wiebe keck: „Keine Sorge, Sie haben uns nicht komplett verdorben. Ich hoffe, wir seh’n uns – doch nicht allzu bald!“
„A‘ Wahnsinn“, meinte Wolfgang Orf, sichtlich gerührt angesichts der vielen originellen Beiträge, ehe er selbst das Wort ergriff, um seine Abschiedsrede in Reimform zum Besten zu geben. Vom „Reimemacher vom Dienst“ war es auch nicht anders zu erwarten. Der geschliffene, humorige Rückblick auf 40 Jahre Lehrerdasein sorgte für viel Gelächter und endete mit den Worten: „Möge Gott euch schützen in Stadt und Dorf, das wünscht euch euer Kollege Wolfgang Orf!“
Als am Ende alle gemeinsam „Möge die Straße uns zusammenführen“, sangen, kam doch ein wenig Wehmut auf, doch Wolfgang Orf versicherte: „Ich weine nicht, denn ich habe euch alle in meinem Herzen!“ Und das ist laut Achim Libischer ja riesengroß. Ebenso groß wie die Currywürste, die zur Stärkung gemeinsam verdrückt wurden. Traditionen wollen eben gepflegt werden.