Psychoterror im Internet

Im Rahmen eines Präventionsprojektes hielt Kriminalhauptkommissar Roland Schmied von der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Schweinfurt am Donnerstagmorgen einen Vortrag an der Udo-Lindenberg-Mittelschule über Cybermobbing. Initiiert hat diesen Projekttag Martin Beck, der Sozialpädagoge an der Schule. Roland Schmied ist im gesamten Bereich Rhön, von Bad Brückenau bis Ebern, unterwegs. Mit seinem Kollegen Dömling von der Einbruchsberatung sind sie zu zweit in der Beratungsstelle tätig. Neben Trickbetrügereien bei Senioren sei das zweite Spezialgebiet die Internetkriminalität, wozu auch Cybermobbing gehöre. Auf Wunsch der Schule sollte er die 6. Klassen betreuen, die Aufklärung sollte aber spätestens in der 5. Klasse beginnen.

Dazu bräuchte es einen Medienpädagogen, nicht zu vergessen auch die Eltern. Er versuche, den Jugendlichen ihr eigenes Verhalten und die Auswirkungen zu zeigen, also Täter und Opfer. Das lange Verschweigen auf beiden Seiten habe eklatante Auswirkungen. Schmieds Meinung nach sei die Rechtslage ausreichend. Gesetze gebe es schon lange, sie müssten nur angewendet werden. Was aber gebraucht werde, sei Prävention im Vorfeld. WhatsApp sei erst ab 16. Jahren erlaubt. Sie hätten die Initiative in die Wege geleitet, weil Cybermobbing ein Problem sei, auf das sie immer häufiger stoßen, erklärte Rektor Achim Libischer. Jedes Kind habe ein Handy. Es sei alltäglich, dass irgendjemand sich auf irgendeine Art beleidigt oder gemobbt fühle, hervorgerufen durch den unbedarften Umgang mit dem Handy. In diesem Jahr gebe es keinen aktuellen Anlass, in den Vorjahren habe es aber schon gravierende Fälle gegeben. Wichtig war es auch, die Eltern mit ins Boot zu nehmen. Vielen sei gar nicht bewusst, was die Kinder mit dem Handy alles anstellen, sie müssten schon genauer hinschauen. Dieser Vormittag sei als Pflichttermin für die 6. Klasse gedacht, in der kommenden Woche seien die ganze Schule und alle Eltern (freiwillig) mit eingeladen.

Martin Beck stellte dann den Referenten der Klasse vor. Dieser hatte zum Einstieg gleich Fragen an die Klasse. Wer benutzt WhatsApp? Alle, bis auf zwei. Snapshot und Instagram benutzen alle. Auch wenn sie dort keinen Account haben, sind alle WhatsApp-Nutzer automatisch bei Facebook. Natürlich kennen auch alle die App „Tik Tok“ und benutzen sie, viele kennen „Momo – Viraler Geist“ auf WhatsApp. Ein Künstler hat die Figur zerstört, es braucht sich also niemand vor ihr zu fürchten. Angeblich hätten auch YouTuber mit ihr telefoniert. Der Rat des Kriminalisten: wenn ein Kettenbrief kommt, niemals weiter schicken! Auch „Game Master“ sei eine reine Erfindung. Mit Belästigung, Bedrängung und Nötigung anderer Menschen oder Firmen und den Diebstahl von (virtuellen) Identitäten sei Cybermobbing aber noch viel zu harmlos beschrieben, fand der Polizeihauptkommissar. Es sei schlicht Psychoterror im Internet. Ein kleiner Film verdeutlichte es mit Anne, die einen Lifeblog filmt und dabei gestört wird. Weitere Szenen folgen. Ein Schüler wird von zwei Mädels als „Hohlbrot“ betitelt. Ein junger Bursche auf seinem Skateboard wird wegen seines alten Handys verlacht. Er taucht dann aber ungefragt auf einem Film auf, wo er mit Kommentaren einer Gruppe sehr schlecht weg kommt. Unangenehm aber wird es, als Mia ihrer Freundin Anne ihren Laptop samt Passwort überlässt, damit diese eine Freundschaftsanfrage an Tarek schicken soll. Plötzlich sind Fotos von Mia im Netz. Tarek glaubt, Mia würde schlecht über ihn schreiben, auch die Mitschüler haben üble Kommentare, weil er sich für Hilfsdienste einsetzt. Die Klasse schüttet Müll auf seinen Schreibtisch, damit er sich zu Hause fühlt. Mias Lehrerin knöpft sie sich vor, weil sie einen beleidigenden Kommentar abgegeben hätte. Sie soll von der Schule geworfen werden. Tarek beschimpft nun wieder Mia im Netz. Und weil Anne vergessen hat, die Webcam von Mias Laptop auszuschalten, wird sie auch noch beim Duschen gefilmt.

Roland Schmied zeigt den Schülern auf, welche Straftaten betroffen sein könnten, § 185 StGB Beleidigung, Ehrabschneidung, Verletzung der persönlichen Ehre. § 201a StGB betrifft die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen. Strafrechtlich relevant ist es besonders, wenn es um den Besitz, Erwerb und die Verbreitung kinderpornographischer Schriften geht.
Cybermobbing besagt, dass die Ausgrenzung eines Einzelnen absichtlich und über einen längeren Zeitraum stattfindet. Das Opfer kann sich nicht alleine helfen. Die Signale der Opfer sind auch schwer zu erkennen, weil sie nicht lauf um Hilfe rufen. Entsprechende Todesanzeigen machen sehr betroffen.
Den Jugendlichen müsste bewusst gemacht werden, was sie mit ihren Kommentaren anrichten. Internet grenzenlos? Aber nicht ohne Regeln! Und Nichtstun wirke wie eine Verstärkung auf die Täter. Cybermobbing gibt es an allen Schulen, 1/5 aller Schüler ist Opfer, nur 7 % der Eltern wussten davon.

Zum Abschluss gab es ein Schaubild zu der Frage „Kann ich dieses Bild online teilen?“, das 10 weitere Fragen aufwarf. Roland Schmied hat es verstanden, die Kinder in anschaulicher Form in den Vortrag mit einzubeziehen und sie für dieses Thema zu sensibilisieren. Und ihnen eindrücklich zu sagen: einmal im Netz – immer im Netz. Das Internet ist grenzenlos und vergisst nichts.

 

 

Text: Brigitte Gbureck
Bilder: Simone Haupt